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Amtshaftung und GoA: Kein Haftungsprivileg für professionelle Brandbekämpfer

 BGH, Urteil vom 14.06.2018 – III ZR 54/17

Sachverhalt: 

Die Klägerin ist Eigentümerin eines Grundstücks. Auf diesem befindet sich ein Auslieferungslager und das Verwaltungsgebäude eines Handelsunternehmens befanden. Eines Abends brach dort ein Feuer aus, das auf ein dort befindliches Lager- und das Verwaltungsgebäude übergriff. Die herbeigeeilte Feuerwehr stellte fest, dass der Brand einer der Lagerhalle nicht mehr zu löschen war und konzentrierte sich daher darauf das Ausbreiten des Feuers auf benachbarte Gebäude zu verhindern. Zu diesem Zweck setzte die Feuerwehr zwischen der brennenden Halle der Klägerin und dem benachbarten Lagergebäude ein perfluoroctansulfathaltiges Schaummittel ein. In der Folge gelangten die Schaumbestandteile in das Erdreich und das Grundwasser.

 

Die beklagte Stadt gab der Klägerin auf der Grundlage des Bundes-Bodenschutzgesetzes sowie des Landes-Bodenschutz- und Altlastengesetzes umfangreiche Maßnahmen zur Sanierung ihres Grundstücks auf. Die Klägerin verlangt von der Beklagten u.a. die Erstattung der bislang angefallenen und die Freistellung von künftigen Kosten für die Sanierung ihres Grundstücks infolge des Einsatzes des perfluoroctansulfathaltigen Schaums sowie den Ersatz des Wertverlustes, den ihr Grundstück trotz durchgeführter Sanierung erlitten habe. Sie hat vorgetragen, der von der Feuerwehr der Beklagten verwendete Löschschaum habe unter Berücksichtigung des dadurch verursachten Schadens nicht eingesetzt werden dürfen. Ein Ausbreiten des Brandes habe auch ohne den Einsatz des Schaums verhindert werden können.

 

Entscheidung: 

Nach Auffassung des BGH hat die Vorinstanz rechtsfehlerfrei erkannt, dass die Entscheidung des Einsatzleiters der Feuerwehr, den perfluoroctansulfathaltigen Schaum zu verwenden, um einen Übergriff des Feuers auf die benachbarte Lagerhalle zu verhindern, ermessensfehlerhaft und damit amtspflichtwidrig war und der Einsatzleiter dabei auch (einfach) fahrlässig handelte.

 

Ihm – und der Beklagten – als professioneller Helfer kommt nicht das Haftungsprivileg im Sinne von § 680 BGB zugute. (so bereits Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, 283 f.; Soergel/Beuthien, § 680 BGB Rn. 5; Staudinger/Bergmann, 2006, § 680 BGB Rn. 15; Erman/Dornis, § 680 BGB Rn. 2; a.A. im Grds. BeckOK BGB/Gehrlein Rn. 2; MüKoBGB/Seiler, § 680 BGB Rn. 15; Erman/Ehmann, 12. Aufl. 2008, § 680 BGB Rn. 2, jeweils mit weiteren Diff. bei der Verschuldensfeststellung. Diff. OLG München NJW 2006, 1883, 1885 mAnm Roth NJW 2006, 2814 für den zufällig am Unfallort anwesenden Arzt. Rechtspolitisch für Ausklammerung kommerzieller Helfer Helm, Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts III, 1983, 335, 403). Im Rahmen des Amtshaftungsanspruchs gemäß § 839 Absatz 1 BGB begründet grundsätzlich jeglicher Grad von Fahrlässigkeit die Haftung wegen einer Amtspflichtverletzung. Dies gilt auch für die im Rahmen eines Noteinsatzes erfolgende öffentlich-rechtliche Gefahrenabwehr. Einer Absenkung des Haftungsmaßstabes bedarf es in solchen Fällen nicht. Amtsträger, zu deren Pflicht die "berufsmäßige" Abwehr einer dringenden Gefahr gehört, sind typischerweise auf die hiermit verbundenen Noteinsätze vorbereitet. Sie sind hierfür ausgebildet und können auf entsprechende Erfahrungen aus dem Berufsalltag zurückgreifen. Das Risiko eines Fehlverhaltens solcher professionellen Nothelfer ist deutlich geringer als bei zufällig hinzutretenden Personen. Die für die Amtspflichtverletzungen ihrer Amtsträger gemäß Artikel 34 Satz 1 des Grundgesetzes haftenden öffentlich-rechtlichen Körperschaften sind zudem gegen die mit Feuerwehreinsätzen verbundenen finanziellen Risiken und Kosten besser abgesichert als der private Nothelfer. Würde dagegen für die gesamte öffentlich-rechtliche Gefahrenabwehr, soweit sie Notsituationen betrifft, ein reduzierter Haftungsmaßstab gelten, wären bedeutende Bereiche staatlicher Tätigkeit von der Haftung für einfache Fahrlässigkeit ausgenommen. Eine derartige Haftungsprivilegierung ist mit den Grundsätzen der Amtshaftung weder vereinbar noch ist sie erforderlich. Denn der besonderen Situation eines Noteinsatzes kann auch im Rahmen der Prüfung des Vorwurfes der einfachen Fahrlässigkeit hinreichend Rechnung getragen werden.

 

Einordnung: 

Eine interessante Entscheidung des BGH an der klausurträchtigen Schnittstelle zwischen GoA und Deliktsrecht. In einer Klausur wäre das Haftungsprivileg des § 680 BGB mit seinen Voraussetzungen inzident im Rahmen der deliktischen Haftung zu prüfen. Dabei gilt es zu beachten, dass das Haftungsprivileg des § 680 BGB nach h.M. grds. sowohl dem berechtigten als auch dem unberechtigten Geschäftsführer zugute kommen kann. Die Argumentation des dritten Zivilsenats deutet darauf hin, dass das Haftungsprivileg des § 680 BGB professionellen Helfern generell nicht zustehen soll. Dafür spricht sicherlich, dass diesem Personenkreis im Rahmen der berechtigten auftragslosen Geschäftsführung nach wiederum herrschender Anspruch auf Vergütung zuerkannt wird (§ 670 BGB i.V.m. 1835 Abs. 3 BGB analog).


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