· 

Sachenrecht: Die Zwangsvollstreckung aus der Grundschuld ist auch ohne Inhaberschaft der gesicherten Forderung möglich

BGH, Urteil vom 20.04. 2018 – V ZR 106/17

Sachverhalt:

Der Kläger hatte an einem seiner Grundstücke eine Grundschuld für eine Sparkasse bestellt. Die Sparkasse trat alle offenen Forderungen aus Darlehen mit dem Kläger und die Grundschuld an die S-GmbH (im Folgenden: S) ab. Darüber hinaus übernahm S alle Verpflichtungen der Sparkasse aus der Sicherungsabrede. Zur Finanzierung des Kaufs schloss die S mit der A-Bank (im Folgenden: A) einen Darlehensvertrag. Dieser wurde durch die Abtretung der gerade erst durch die S erworbenen Grundschuld an die A abgesichert. 

 

Im weiteren Verlauf vollstreckte A in das Grundstück des Klägers aus der erworbenen Grundschuld. Der Kläger verlangt nun Feststellung, dass die Zwangsvollstreckung unzulässig war. Darüber hinaus verlangt er Zahlung des Betrages, den die A durch die Vollstreckung erlangt hat, sowie Schadensersatz für alle ihm durch die Vollstreckung erlittenen Schäden. 

 

Entscheidung:

a.) Zum Schadensersatz: Der BGH stellt fest, dass ein Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 823 Abs. 1 BGB nicht besteht. Die Inanspruchnahme eines staatlichen Verfahrens könne keine unerlaubte Handlung im Sinne des § 823 BGB darstellen. 

 

b.) Zur Bereicherung durch die Zwangsvollstreckung:

Ebenso wird ein Anspruch gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 2 BGB abgelehnt. Werde eine Vollstreckungsgegenklage abgewiesen, so bedeute dies, dass nach Abschluss des Verfahrens nicht mithilfe eines Bereicherungsanspruchs, der auf dieselben Umstände gestützt wird, die schon zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Vollstreckungsgegenklageverfahren vorgelegen hatten, die vorherigen Entscheidungen konterkariert werden könnten. Da der Kläger den Einwand der nicht erworbenen Forderung schon damals hätte erheben können, könne ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 nicht bestehen. 

 

c.) Zur Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung: Eine Einrede gegen die Grundschuld gemäß § 1192 Abs. 1a S. 1 Fall 2 ergebe sich nicht aus dem Umstand, dass A die Forderung gegen den Kläger nicht erworben habe. Zu den Einwendungen, die der Gesetzgeber bei Schaffung des § 1192 Abs. 1a S. 1 Fall 2 im Blick hatte, gehörten solche, die sich gegen den Bestand oder die Fälligkeit des Anspruchs richten. Dies ergebe sich aus der Gesetzesbegründung. Das bedeute aber gerade nicht, dass Forderungsinhaber und Grundschuldgläubiger personenidentisch sein müssten. Denn an dem Bestand und der Fälligkeit der Forderung ändere die fehlenden Inhaberschaft gerade nichts. Sehe man dies anders, führe dies zu dem paradoxen Ergebnis, dass bei der forderungslosen Abtretung weder der persönliche noch der dingliche Gläubiger die Grundschuld verwerten könne. Eine solche Freistellung des Eigentümers sei weder im Gesetzestext vorgesehen noch sei diese vom Gesetzgeber beabsichtigt. 

 

Merke: Eine Einwendung gegen die Grundschuld „ergibt“ sich im Sinne von § 1192 Abs. 1a Satz 1 Fall 2 BGB aus dem Sicherungsvertrag nicht allein dadurch, dass der Erwerber die Sicherungsgrundschuld ohne die gesicherte Forderung erwirbt. Der Grundschuldgläubiger kann also auch dann in das Grundstück vollstrecken wenn er nicht Inhaber der gesicherten Forderung ist.


Kommentar schreiben

Kommentare: 0