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Haftungsrecht: Tierhalterhaftung

OLG Celle MDR 2018, 1437 (mit anhängiger Revision beim BGH)

 

§ 833 BGB regelt die Tierhalterhaftung. Diese Regelung enthält zwei selbständige Anspruchsgrundlagen. Eine Gefährdungshaftung in S. 1 und eine Verschuldenshaftung für Nutztiere in S. 2.

 

Im streitgegenständlichen Sachverhalt kollidierten zwei Pferde miteinander und wurden verletzt. Das  Pferd des Anspruchsstellers war Nutztier im Sinne des § 833 S. 2, das dem Lebensunterhalt des Anspruchstellers diente. Das Pferd des Anspruchsgegner war hingegen Luxustier und der Anspruchsgegner haftete daher nach S. 1. Die zentrale Rechtsfrage des Falles war, ob sich der Anspruchsteller entsprechend § 254 (§ 254 gilt nach h.M. analog für die Gefährdungshaftung) die von ihm (bzw. von seinem Pferd) ausgehende Tiergefahr anrechnen muss oder ob er sich auf die Privilegierung nach S. 2 auch im Rahmen dieser Abwägung berufen kann.

 

Das OLG Celle ist der Auffassung, der Anspruchssteller als Halter des Nutztieres könne sich nicht auf § 833 S. 2 bei der Abwägung seiner eigenen Tiergefahr berufen. Darin liege auch kein Wertungswiderspruch zu § 831 Abs. 1 S. 2 und der Exkulpationsmöglichkeit, die man als Geschäftsherr bei einem Handeln seines Verrichtungsgehilfen hat. Nach Auffassung des OLG gehe es um die eigene Tiergefahr und nicht die Zurechnung des Verhaltens "Dritter" in Gestalt des Pferdes. 

 

In der Folge bekam der Halter des Nutztieres als Anspruchssteller seinen Schaden ersetzt, aber nur abzüglich des Anteils, der durch sein eigenes Pferd verursacht wurde. Praktisch bedeutet das: Macht der andere einen Anspruch geltend, kann der Anspruchssteller über § 833 S. 2 eine Ersatzpflicht ausschließen. Macht der Halter des Nutztieres selbst einen Ersatzanspruch geltend, muss er sich "seinen" Verursachungsanteil bzw. den seines Nutztieres anrechnen lassen, auch wenn er sein Nutztier sorgfältig überwacht hat.

 

Ob der BGH diese Auffassung des OLG teilt, wird das Revisionsurteil zeigen.  


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