BGH, Urt. v. 02.07.2019, Az. VI ZR 184/18
Sachverhalt:
Eine Frau hatte an einem Wintertag zum wöchentlichen Einkauf ihr Fahrzeug auf dem Parkplatz eines Supermarktes abgestellt. Nachdem sie ausgestiegen war, rutschte sie auf einer Eisfläche neben ihrem Auto aus und prallte mit dem Gesicht auf den Asphalt. In einer Vertiefung des Bodens gleich neben dem Parkplatz der Frau hatte sich Wasser gesammelt und war gefroren. Der Supermarktbetreiber, der extra einen Winterdienst beschäftigte, der die Fahrwege auf dem Parkplatz streute, gab zu, dass im Bereich der markierten Parkflächen nicht gestreut worden sei. Dies könne von ihm aber auch nicht verlangt werden. So sahen das auch die Instanzgerichte, die keine so weit gehende Verkehrssicherungspflicht des Betreibers erkennen konnten und die Schadensersatzklage der Frau abwiesen.
Entscheidung:
Dieser Auffassung schloss sich der BGH an. Weder greife eine vorvertragliche Schutzpflicht (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 3 BGB) noch eine deliktsrechtliche Verkehrssicherungspflicht (§ 823 Abs. 1 BGB) des Supermarktbetreibers zugunsten der Kundin ein. Auch wenn an dem Tag, wie von ihr behauptet, eisige Kälte und allgemeine Glätte geherrscht hätten, habe der Betreiber die markierten Parkflächen nicht streuen müssen. Die Streupflicht als Teil der Verkehrssicherungspflicht solle nur "wirkliche Gefahren" beseitigen, nicht aber bloßen Unbequemlichkeiten vorbeugen. Dies gelte unabhängig davon, ob es sich um einen öffentlichen oder privaten Parkplatz handele. Dabei sei die Gefahr von Glättebildung im Bereich der Parkflächen eher gering einzuschätzen, da die Fahrzeuginsassen sie nur beim Ein- und Aussteigen betreten müssten und sich dabei am Auto festhalten könnten.
Zwar müsse bei einem Kundenparkplatz berücksichtigt werden, dass dieser in der Absicht angelegt worden sei, damit eine bequeme Parkmöglichkeit für potenzielle Kunden zu bieten. Entsprechend müsse nicht nur für allgemeine Sicherheit gesorgt werden, sondern auch für ein möglichst sicheres Einladen von Einkäufen auf dem Parkplatz. Hierzu sei das Streuen der Parkflächen aber nicht erforderlich, so der BGH. Seiner Auffassung nach ist es Kunden zumutbar, ihr Auto bei Eis und Schnee so abzustellen, dass ein gefahrloses Verstauen der Einkäufe im Heck des Fahrzeugs möglich ist.
Zudem handele es sich im vorliegenden Fall um eine sehr große Parkfläche, auf der ständig Autos ein- und ausführen, was maschinelles Streuen ausschließe. Eine ständige Kontrolle und händisches Streuen seien angesichts des unverhältnismäßigen Aufwandes nicht zumutbar.
Die Kundin hatte sich zudem auf die spezifische Stelle bezogen, an der sich ihr Unfall ereignet hatte, und argumentierte, sie habe nicht mit einer Vertiefung im Boden rechnen müssen, in der sich Eis bilden konnte, die sie zudem aufgrund der schlechten Lichtverhältnisse am Parkplatz auch nicht habe erkennen können. Mit Unebenheiten muss nach Auffassung des BGH aber im Allgemeinen gerechnet werden. Bei eisiger Witterung müssten die Benutzer des Parkplatzes eben selbst besonders aufpassen, wo sie hintreten.
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