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Zweiter Nachbesserungsversuch

BGH, Urt. v. 26.08.2020, Az.: VIII ZR 351/19

Sachverhalt:  

Ein Fahrzeugkäufer erwarb im September 2017 ein Neufahrzeug zum Kaufpreis von 18.750 Euro, den er über die Bank des Fahrzeugherstellers finanzierte. Am 14. Mai des Folgejahres rügte der Käufer schriftlich Mängel an der Fahrzeuglackierung. Gleichzeitig setzte er der Verkäuferin eine Frist zur Nachbesserung bis zum 30.05.2018.

 

Die Verkäuferin bot an, den Wagen bei einem Vertragshändler nach Wahl des Käufers besichtigen und nachbessern zu lassen. Der Käufer wählte einen Betrieb aus, ließ sein Fahrzeug am 03.07.2018 dort untersuchen und gab es ebendort für die Zeit vom 14. bis 21.08.2018 für die Nachbesserungsarbeiten ab.

 

Einige Tage nach Abholung des Fahrzeugs beanstandete der [Käufer], die Mängel seien nicht vollständig beseitigt und die (teilweise) erfolgte Neulackierung nicht fachgerecht ausgeführt worden. Er stellte das Fahrzeug erneut bei dem genannten Unternehmen vor und vereinbarte einen Termin zur weiteren Nachbesserung. Doch statt den Termin zur zweiten Nachbesserung wahrzunehmen trat der Käufer mit Schreiben vom 24.09.2018 vom Kaufvertrag zurück.

 

Entscheidung:

Der BGH geht – anders als die Vorinstanz – davon aus, dass der Kläger für einen wirksamen Rücktritt keine zweite Gelegenheit zur Nachbesserung hat einräumen müssen. 

 

"Das Berufungsgericht hat sich bereits im Ausgangspunkt den Blick dafür verstellt, dass eine zur Durchführung der Nacherfüllung vom Käufer gesetzte (angemessene) Frist nur dann gewahrt ist, wenn der Verkäufer den gerügten Mangel innerhalb der Frist behebt. Dies sei vor allem unter Heranziehung des EU-Rechts für Verbrauchsgüterkäufe zu werten, welches zwar keine Fristsetzung anordnet, wohl aber vorsieht, dass ‚die Nachbesserung oder die Ersatzlieferung innerhalb einer angemessenen Frist [...…] zu erfolgen hat‘ und dass der Verbraucher eine Minderung des Kaufpreises oder eine Vertragsauflösung verlangen kann, ‚wenn der Verkäufer nicht innerhalb einer angemessenen Frist Abhilfe geschaffen hat‘."

 

Wird eine Frist gesetzt, sei innerhalb dieser der Nachbesserungserfolg herbeizuführen. Dabei sei "die vom Käufer zu setzende Frist (…...) so zu bemessen, dass der Verkäufer bei ordnungsgemäßem Vorgehen vor Fristablauf voraussichtlich nicht nur die Leistungshandlung vornehmen, sondern auch den Leistungserfolg herbeiführen kann. Zudem setzte eine zu kurz bemessene Frist eine angemessene Frist in Gang, wenn der Käufer nicht zum Ausdruck gebracht hat, dass es ihm auf die Kürze der Frist ankommt." Dass der Käufer die Nachbesserungsarbeiten erst im August durchführen ließ, sei bislang unbestritten als freiwillige Verlängerung der Frist zu werten.

 

Darüber hinaus sei das Angebot das Fahrzeug bei einem Vertragshändler untersuchen zu lassen "nicht als Leistungshandlung zu werten (…...). Die Verständigung auf den Ort und die Zeit der Untersuchung ist zwar ein der Nacherfüllung vorgeschalteter Schritt. Sie stellt aber nicht die Leistungshandlung (hier: Durchführung von Lackierungsarbeiten) dar, sondern bereitet diese nur vor."

 

Der BGH kritisierte zudem, dass zwei unterschiedliche Konstellationen vermengt worden seien. "Das Gesetz unterscheidet konsequent zwischen dem Fristsetzungserfordernis nach den Regeltatbeständen (...…) und den Fallgestaltungen, in denen eine Fristsetzung ausnahmsweise entbehrlich ist (…...). Der grundsätzlich gebotenen Fristsetzung ist nach der Vorstellung des Gesetzgebers bereits dann genügt, wenn der Käufer einmalig fruchtlos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat. Die gesetzlichen Vorschriften, die einen Rücktritt (...…) in Ausnahmefällen auch ohne Fristsetzung erlauben, zeichnen sich jeweils dadurch aus, dass sie den Verzicht auf dieses einmalige Erfordernis durch andere (gleichwertige) Anforderungen ersetzen."

 

Zusammenfassung: 

  1. Damit sekundäre Gewährleistungsrechte (Rücktritt, Minderung, Schadensersatz statt der Leistung) geltend gemacht werden können, bedarf es dem Grundsatz nach der Setzung einer angemessenen Frist durch den Käufer, die erfolglos ablaufen muss.
  2. Innerhalb dieser Frist muss es dem Verkäufer voraussichtlich möglich sein, nicht nur die Leistungshandlung vorzunehmen, sondern auch den Leistungserfolg herbeizuführen.
  3. Ist diese Frist verstrichen, ohne dass der Leistungserfolg herbeigeführt wurde, muss der Käufer dem Verkäufer grundsätzlich keine zweite Gelegenheit zur Nachbesserung einräumen. Dem Ausnahmetatbestand nach § 440 S. 1 Alt. 2, S. 2 BGB, dem zufolge die Nachbesserung erst nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen gilt, ist keine allgemeine Wertung zu entnehmen, die Rückschlüsse auf die Auslegung der Regeltatbestände zulassen könnte.

 

 

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